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Manchmal sei es gut, nicht zu wissen, was auf einen zukomme, meinte jemand neulich. Ich ticke da anders. Ich weiß auch bei schlechten Nachrichten lieber gleich, was wie lange wie schlimm wird. Dann kann ich mich drauf einstellen. Aber was, wenn man genau das nicht abschätzen kann?  Überlegungen wie diese und anderes zum Umgang mit dem Unvorstellbaren 

November 21// Das rasend schöne Kompliment

Dabei fing alles so freundlich an: Der Mann im strahlend weißen Anzug kommt ans Auto, in dem ich am offenen Fenster auf dem Beifahrersitz sitze und sagt: „Frau Penno! Sie sind ja so was von positiv!“ Ohhh … es gibt ihn noch, den Ritter ohne Pferd? Was für ein schönes Kompliment, wie nett.

Ein großer Teil meiner Daseinsrechtfertigung besteht schließlich darin, ohne Schönfärberei die guten Seiten der Dinge zu finden. Ich nenne das einen hoffnungsorientierten Lebensstil. Und das hat er einfach mal so gecheckt? Toll. Ich lächele ihn zum Dank freundlich an. Nur seine strenge Reaktion passt nicht ins Bild: „Sie begeben sich jetzt umgehend in Quarantäne.“

Und plötzlich erinnere ich mich wieder. Der familiäre Mediziner, der neben mir am Steuer sitzt, hatte so was schon vorher im heimischen Flur erwähnt, als er mir den Schnelltest zeigte. Und jetzt war es also bestätigt: Der Auslöser des globalen Ausnahmezustands hatte es bis in meine Zellen geschafft. Aber kein Problem: Ich fühle mich noch jung, bin fit und gesund, ne schlimme Grippe erledige ich in 3 Wochen – dann ist das hier doch in maximal 4 Wochen erledigt.

Woche 4-5 // Schleichendes Gift

Und es fühlt sich auch erst danach an: milder Verlauf, Pipifax für meine Begriffe, der an die echte Influenza-Symptomatik nicht heranreicht, so dass ich beschließe, die Bettruhe zu genießen und das Beste draus zu machen. Ich muss schmunzeln, als mir der Gedanke kommt, dass mir meine kontemplativ-introvertierte Seite, die die Stille liebt, hier wirklich hilft. Ich will die Quarantäne zum Lesen und Verfeinern meiner LernRAUM-Angebote nutzen.

Doch irgendwie kann ich mich nicht wie gewohnt konzentrieren. Und als ich beschließe, dass es reicht und ich aufstehen, duschen und mein normales Leben wieder aufnehmen will, geht gar nichts mehr. Ich halte das für einen Irrtum, reiß mich zusammen und versuch es nochmal. Und in den folgenden Tagen immer wieder. Aber es hilft nichts. Ich komme mir vor wie im Casino, als hätte jemand ganz unerwartet das Signal gegeben: „Rien ne va plus“ – nichts geht mehr. Und dieses Nichts kommt bedrohlich wörtlich daher.

Woche 6 // In alle Einzelteile zerlegt

Mein Körper entzieht sich mit ungekanntem Widerstand meiner geistigen Kontrolle. Ohne Vorwarnung verabschiedet er sich aus früheren Kooperationsvereinbarungen und ignoriert schlichte Zurufe aus dem Gehirn wie: „Hallo Arm: Glas heben“. Keine Reaktion. Eine bleierne Kraftlosigkeit bis zur Lähmung kriecht durch meinen Körper, nistet sich dort ein und verhindert selbstverständliche Dinge wie aufrechtes Sitzen, Gehen, Stehen.

Er ist wie ein Akku, der kaputt ist. Der einfach nicht mehr lädt, egal wie lange er am Strom hängt. Notwendige Wege ins Bad werden zur tagfüllenden Quälerei. Ein Glück, dass der Kühlschrank auf derselben Route liegt – und ich bleibe aus Effizienzgründen auf dem Boden davor liegen. In einem Anfall von eiserner Willenskraft und einzigartiger Überschätzung nutze ich nicht ganz so schlechte 10 Minuten, um im Schneckentempo im Keller eine Waschladung anzuwerfen. Dort stelle ich fest, dass die Kraft für den Rückweg einfach nicht reicht. Ich sitze fest. Und studiere die Kalkwände. Dabei lerne ich, dass ich Entscheidungen anders treffen muss. Entweder duschen oder essen. Nur eins geht am Tag.

Ich versuche zu begreifen, was mit mir passiert, und google mich allwissend zur Behandlung von Viren und der bisherigen Unwissenheit über Fatigue und Long-Post-Whatever-Covid. Trotzdem bin ich noch einigermaßen zuversichtlich: Ich kann ja noch denken. Mit meinem Kopf war mir schließlich noch nie langweilig.

Bis kurze Zeit später auch das nicht mehr geht. Mein Geist wird brüchig. Gedanken wollen sich einfach nicht mehr formen lassen, ich habe nicht genug Kraft. Ich kann sie nicht verfolgen, zu Ende denken oder zur Ruhe bringen und falle ins gefühlte Wachkoma. Ich starre bei Bewusstsein ewig an die Tapete, bis sie ganz durchgeguckt ist, und verliere jedes Gefühl für Zeit, für Tag oder Nacht. Mein Leben zoomt weg. Ich falle aus der Welt.

Alles, was im Dezember an Weihnachten erinnerte.

Woche 9 // Die Kernschmelze

Innerlich nehme ich wahr, wie Erinnerungsfetzen willkürlich in meinem Bewusstsein auftauchen, vorbeiziehen, und wieder verschwinden. Ich spüre Fragen mehr, als dass ich sie innerlich formuliere. Sie schwimmen im Äther herum, leuchten kurz auf wie Funken und vaporisieren wieder: Wer bin ich, wenn ich nicht mehr denken kann? Was unterscheidet mich in diesem Zustand eigentlich noch vom Tier?

Ohne Antworten zu finden, fühle ich mich wie eine Zwiebel, der nach und nach alle Häute abgezogen werden. Alle Widerstände, Filter und Resistenzen verschwinden – und ich liege aufgeschnitten und schutzlos in der Nacht. Meine Seele wird durchsichtig. Als löste ich mich auf. Sterben auf Probe, kommt mir in den Sinn. Vegetieren. Siechtum. Zwischenland. Und dann kommt sie. Die Angst.

Als hätte sie auf diesen wehrlosen Moment gewartet, fällt sie wie ein losgelassenes Monster über mich her und frisst sich an mir satt. Sie hat alle Dämonen der Dunkelheit im Gepäck, die mich mit ihren Fragen zerfleischen: „Was, wenn das so bleibt? So bist du völlig arbeitsunfähig und kannst deinen Job vergessen. Wie willst du in Zukunft arbeiten, wenn du nicht mehr denken kannst? Wovon willst du leben? Begrab dein bisheriges Leben. Sieh dich an, du hast ja nicht mal Kraft, um Zeit mit denen zu verbringen, die du liebst … und noch weiß niemand, wann du je wieder fit wirst.“

Diese Nächte sind wie eine Flut, die allen Unrat des Unterbewusstseins anschwemmt. Ohne meinen Kopf hab ich dafür keine Strategie. Ohne klare Gedanken – kein Mindset, das hilft. Ohne gesammelten Geist – kein Gebet, das tröstet.

Ich brauche Wochen, um die Erfahrung zu verdauen, was bodenlose Schwäche mit Körper, Seele und Geist macht. Und ich frage mich ernsthaft, warum ich immer noch atmen kann. Oder eher: Wer dafür sorgt, dass ich das noch tue.

Woche 11 // Zwischen Wahnsinn und Pragmatismus

An einem Morgen, als alles verebbt ist, habe ich das Gefühl, als ob irgendwer eine riesengroße Frage in den Raum gehängt hätte: „Annette. Bist du bereit, alles zu verlieren?“ Was für eine grauenhafte Frage. Aber sie klingt nicht so gehässig wie die der Nachtgestalten. Ich stutze, schaue mich kurz verstohlen um, und grunze: „Das ist doch hoffentlich eine rhetorische Frage!?“ Keine Reaktion. Na super, so was kann ich ja gar nicht haben: einfach aus der Konversation verschwinden. Aber ich beschließe daraufhin drei Dinge:

  • meinen Finanzberater anrufen (damit der mir den Zeitpunkt ausrechnet, bis zu dem meine Rücklagen meinen aktuellen Lebensstil als arbeitsunfähige Selbstständige noch subventionieren können),
  • einen Termin beim Psychiater machen (vielleicht gibts ja noch Hoffnung für meinen Verstand),
  • und ein Ja auf diese unbequeme Frage des Morgengrauens finden (denn instinktiv ist mir klar, dass ich genau zu dieser Bereitschaft finden muss, wenn ich in meinem Zustand ruhigere Nächte erleben will)

Huch – diese drei Punkte sind seit Langem eine Abfolge eigenständiger, sinnlogischer Gedanken mit zielgerichteter Handlungsfolge. Hurrah! Von dieser Freude ganz euphorisiert krieche ich rüber ins Homeoffice und hole einen meiner Panikpoesie-Texte von der Wand, den ich zur Sicherheit jetzt lieber im Schlafzimmer haben will. Wenn das zusammenhängende Denken nur an drei Sekunden pro Tag klappt, dann kann ich den Rest der Zeit wenigstens auf die Worte starren und hoffen, dass ihre Kraft in den klareren Momenten wie durch Osmose irgendwie in mich hineindiffundiert.

Mir kommen zurückliegende Erfahrungen in den Sinn, die zu diesen Worten geführt haben – und ich bin dankbar für die Kraft, die in der Erinnerung liegt. Vermutlich falle ich noch. Und vermutlich ist es das Wesen des freien Falls, dass man an der ganzen Dunkelheit und ihrem Unrat vorbeimuss. Aber wenn man dann unten angekommen ist, hat der Schrecken etwas von seinem Schrecken verloren. Und ich erinnere mich, dass darin Frieden und Freiheit zu finden ist. Ich sinniere noch kurz über den Unterschied zwischen Loslassen und Aufgeben – und dann ist der kognitive Höhenflug erst mal wieder vorbei.

Februar-März // Der weite Weg zurück

„Und – wird es besser?“ Alle wollen das wissen, nur ich nicht. Denn ich kann die wahre Antwort auf diese Frage nach 93 Tagen und 93 enttäuschten Hoffnungen nicht mehr ertragen: nein. Es gibt nur Veränderungen im kaum wahrnehmbaren Nanobereich. Aber von Genesung und Besserung im üblichen Sinne kann man einfach nicht sprechen. Eher im Gegenteil: Die Erholung schreitet nicht voran, sondern die Krankheit.

Mein Immunsystem befindet sich im Krieg, während Putins Panzer die Ukraine niederwalzen. Ich spüre die Fronten in mir umherwandern und beobachte, wie sich mein Körper in eine Art Borderliner verwandelt. Diverse Symptome (18 von 32, die laut einer Liste bekannt sind) geben sich unberechenbar die Klinke in die Hand. Alle 20 Minuten was anderes, keine Stunde gleich, kein Tag planbar. Ich bin hin- und hergeworfen von einer Krankheit, die zu wenig zum Sterben und zu viel zum Leben ist. Keine nachvollziehbare Kausalität, keine Kontinuität, keine Kontrolle. Und nichts hilft.

Es sind 5 Minuten Fußweg zu meiner Hausärztin. Ich bin unsicher, ob ich das heute schaffe. Im Kopf geh ich die Strecke ab und beschließe, zur Not einfach auf dem Fußweg Platz zu nehmen und steck ein Kissen ein. Ich hab Tage für die Notizen gebraucht, die ich ihr zeigen will, wenn sie nach meiner Befindlichkeit fragt. Als ich dann vor ihr sitze, kann ich mich nicht konzentrieren und vergesse den Zettel gänzlich. Alles, was ich noch rauskriege, ist: „Mit meinen Neurotransmittern stimmt was nicht.“

Sie strahlt mich an: „Ist ja irre, dass Sie das so genau beschreiben können! Stimmt, dieses Virus greift alles an, auch das Gehirn und die neurochemischen Prozesse.“ Eine Medizinerin, die sich am Fall freut. Wie schön. „Und was tun wir jetzt?“, will ich wissen. Sie so: „Keine Ahnung.“ Ich so: „Hmphhhhpff.“ Daraufhin bedenkt sie mich mit einem mitfühlenden Blick: „Vielleicht weiß die Forschung in 10 Jahren, wie wir Ihnen jetzt hätten helfen können. Bisher ist nur so viel klar: Dieses Virus steckt in jeder einzelnen Zelle ihres Körpers und baut dort die ganzen Vorgänge um. Und das ist es, was sie alles spüren.“

Sie tut alles, was eine gute Hausärztin tut, und verpasst mir am Ende meine aktuelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Auf der sehe ich es dann erstmalig schwarz auf weiß: „Post-Covid-Syndrom mit vorrangig kognitiven Störungen und Fatigue.“ Meine ganze zerfallene Welt in 7 Worten. Ich bin beeindruckt, dass das so kurz geht. „Halten Sie irgendwie durch und geben Sie die Hoffnung nicht auf. Das wird wieder. Nur – es ist zäh.“

„So will ich aber nicht leben“, denke ich wie eine Schallplatte mit Sprung und weiß gleichzeitig, dass es genau null Sinn macht, mit dem Schicksal so zu hadern. Ich sollte mich fügen – und am besten nicht widerwillig, sondern freiwillig. Und das möglichst fix. Schon aus Kraftgründen. Sonst sterbe ich zeitnah an einer Überdosis enttäuschter Hoffnung, Frustration und Untätigkeit. Und so schlucke ich beim Rausgehen die nachhallende Erkenntnis, gegen die ich mich so lange gewehrt hatte: Ich bin neuerdings chronisch krank.

April // Haltungen fürs Unerträgliche

„Zumindest erst mal“, setze ich in Gedanken hinterher und weiß, was ich nun zu tun habe. Ich mach eine To-Do-Liste und widme mich ihr als mein Tagewerk der nächsten Wochen, um meinen Albtraum besser zu ertragen:

  • Hoffnung neu definieren: eher in Quartalen die Genesung erwarten, um bei der ganzen Unbeständigkeit nicht durchzudrehen
  • mich von meiner alten Leistungsfähigkeit verabschieden
  • die ständigen körperlichen Einbrüche ignorieren

Ich schließe Frieden mit der Situation, und suche nach Beschreibungen für die unbeschreibliche Gemengelage meiner Zustände innerhalb eines Tages: Schaukelgenesung, Kurvenverlauf wie an der Börse, zwei Schritte vor – zwei zurück. Auf der Suche nach dem Gold in der Grauzone dieses Lebens finde ich Dinge wie diese:

  • mein momentaner Rollator-Modus hat auch Vorteile (ich kann jetzt viel besser mit meinen Eltern in Strecke und Tempo mithalten!)
  • meine Matratze (auch nach über 4 Monaten Rumliegen gibt es kein Wundliegen und keine Verspannungen)
  • mein persönliches SEK (bestehend aus Lieblingsmenschen, die mich seit Beginn täglich im Visier haben und sowohl Essensversorgung als auch Erhalt meiner seelischen Gesundheit übernehmen)
  • 30-Mimunten-Lesezeit (Hurrah! Danach ging zwar für den Rest des Tages nix mehr – aber was solls: Diese Konzentrationsspanne, ein Fest!)

Wenn ich diese Liste mit der gesunden Version von mir vergleiche, ist sie niederschmetternd. Wenn ich diese Liste mit einer toten Version von mir vergleiche, macht sie ehrfürchtig. Meine LernCoach-DNA setzt sich durch, ich entscheide mich für letztere Perspektive und freu mich einmal mehr an einer Karte aus der robin.art.manufaktur, die ich so liebe:

Genau! Ich glaub doch nicht im Ernst, dass mein Leben nicht froh und sinnhaft sein könnte – nur weil meine Tage momentan nur 2 nutzbare Stunden haben, ich den Rest der Zeit liegen muss und meine Hobbies nicht mehr funktionieren? Also wirklich. Ich lass mir doch die Freude nicht rauben, nur weil alles nicht mehr geht, was mir sonst Spaß gemacht hat? Ok, es müssen tatsächlich neue Hobbies her, eine neue Tagesstruktur und irgendeine Aufgabe ohne viele Anforderung und Anstrengung … Aber das muss doch möglich sein!

Ich halte kurz inne und höre in mir ganz deutlich eine leise, aber sehr entschiedene, wohl vertraute Stimme: „Hallo Albtraum, jetzt nehm ichs mit dir auf!“ Oh lala, Kopf und Kampfgeist sind wohl auf dem Weg zurück. ich spüre so etwas wie ein Heimatgefühl und erkenne mich für einen Moment wieder.

Und tatsächlich, diesmal ist es kein falscher Alarm. Die guten Momente zwischendrin werden nach und nach ein kleines bisschen länger, mal bleiben sie genauso kurz wie vorher, schlagen dafür aber zweimal, dreimal am Tag auf. Für mich ist dieser Prozess wie Weihnachten, Ostern, Feuerwerk, erste Liebe und Barfußwetter zusammen. Ich kann es nach 165 Tagen als Untote kaum glauben und weine vor Glück. Pünktlich zu Ostern.

Ich spüre, dass der Weg zurück beginnt und meine Ärztin prophezeit beim nächsten Termin: „Toll! Wenn Sie jetzt nach 6 Monaten endlich den Genesungsstart wahrnehmen, dann können wir davon ausgehen, dass Sie in 6 Monaten wieder die alte sind.“ Während ich noch überlege, ob mir dieses Zeitfenster Mut macht oder nicht, beschließe ich für heute, dass es mir egal ist. Selbst wenn meine Kraft noch länger so klein bleiben sollte – damit kann ich jetzt leben. Einen Tag nach dem anderen. Der Rest wird sich zeigen.

Mai & Juni // Zwingende Fragen zur Zukunft

Und es zeigt sich unter anderem, dass die letzten Monate Spuren hinterlassen haben. Die Gedanken, die sich aufdrängen, sind (mir) nicht neu. Aber jetzt haben ihre Intensität und Dringlichkeit ein neues Level erreicht. Mir scheint, dass die zugrundeliegende Frage, die in mir nachhallt, universell ist. Sie gilt mir und dir, wenn wir früher oder später mit der dunklen Seite des Lebens konfrontiert sind: „Bist du bereit, alles zu verlieren?“

Das Schicksal holt ja erfahrungsgemäß nicht erst unser Einverständnis ein, bevor es zuschlägt. Daher bedeutet „bereit“ hier für mich nicht „einverstanden“, sondern eher „vorbereitet“ oder „dafür gewappnet“. Und in meinem Kopf schwirren folgende, persönliche wie allgemeine, Gedanken dazu herum:

  • Was will ich wirklich mit der wenigen Zeit pro Tag machen, die ich gerade nutzbar zur Verfügung hab? Was ist mir das Allerwichtigste?
  • Angenommen, ich werde wieder ganz gesund: Wie kann ich nach so einer Rückkehr ins Leben meiner Genesung würdig leben? Muss, darf oder soll sich etwas ändern?
  • Welche Haltungen und Kompetenzen tragen durch Zeiten, von denen man nicht weiß, wie lang sie dauern, wie schwer sie werden – und ob sie enden?
  • Was braucht man noch, um mit dem Unvorstellbaren (was auch immer es ist) klarzukommen? Und wo kann man das lernen?
  • Welcher Ort bereitet einen wirklich gut auf die großen Krisen des Lebens vor? Wo steckt die Weisheit, die man dafür braucht?
  • Was macht das Leben im Angesicht aller dunklen Seiten und Zustände lebenswert?
  • Was ist das Gegenmittel, das das Leid des Lebens erträglicher machen kann?

Ich weiß. Diese Fragen sind nicht gerade Comedy-Style. Aber vielleicht lohnender fürs Leben als vieles andere. Es ist, als hätte mich mein Covid-Chaos kondensiert, eingedampft, zentrifugiert. Ich bin nicht mehr dieselbe, aber auch keine andere. Ich komme mir vor wie das Konzentrat meines eigenen Ichs. Ahnungen, Gewissheiten, Deutungsversuche und Ideen zu den Gedanken brodeln in mir, landen zum Garen und Abhängen als Buchkonzepte in der Schublade – und ich denke zuversichtlich: erst mal weiter gesund werden. Alles andere wird sich finden.