Wenn man sich den eigenen Traumjob einfach online aussuchen und mit einem Klick bestellen könnte, wäre das Leben deutlich einfacher. Oder ins Navi eingeben – und schon wird man hingeleitet. Herrlich! Aber solange diese Abkürzung noch nicht in unserer Wirklichkeit angekommen ist, können bei der großen Suche nach dem passenden Beruf möglicherweise drei kleine Fragen helfen – wenn man sie richtig anpackt.
Auf zur Reise
Mit meiner Fantasie und Lust an Vielem konnte ich mir damals so einige Traumjobs vorstellen, wenn ich mir das Leben nach der Schule erträumte: Zuerst sah ich mich eine Schneiderlehre machen und mein eigenes Mode-Atelier eröffnen. Dann werkelte ich als Dekorateurin („visual marketing“ klingt doch jetzt viel cooler) mit Innenarchitektur-Ambitionen in irgendwelchen Showrooms und Messehallen herum.
Mehrere Runden
Später fragte ich mich, ob es doch nicht lieber Kommunikationsdesign sein sollte, wenn ich mir diese Mappenerstellung für die Kunsthochschule zutrauen würde? Aber was machte ich denn dann mit meiner heimlichen Leidenschaft für Journalismus? Und wie sollte ich das mit meinem Wunsch verbinden, eigentlich auch direkt Menschen in irgendeiner Form helfen zu wollen? Hilfe. Vielleicht dann doch einfach der sichere Weg ins Lehramt! Ich setzte auf kreative Lücken im Beamtenjob – und hoffte, dass sich das dann alles schon irgendwie finden wird.
Nun. Das Einzige, was sich fand, war, dass mein sicherer Weg trotz Ausnahmeabschluss nicht zu mir passte. Lange Geschichte, die ich hier verbloggt habe. Aber eine, die unfassbar aktuell ist, denn sie spiegelt sich in der Suche nach dem Platz im Leben wieder, die die Generation Ü16 in meinem LernRAUM so oft unternimmt und die von Erkenntnissen wie diesen begleitet wird:
Wir sind komplex. Wir haben Stärken und Schwächen. Wir entwickeln uns. Wir haben Wünsche und Werte, die sich von Kindheit über Jugend und Erwachsenendasein ändern können. Und dann ist da auch noch der eigene Wille. Und eine ganze Welt voller Möglichkeiten, die einen zwar inspirieren, aber auch einschüchtern können.
Vor einer Kreuzung
Durch diesen Dschungel an eigenen Gedanken, Fragen, äußeren Bedingungen und Faktoren muss man sich an bestimmten Stellen des Lebens regelrecht durchschlagen.
★ Wie nach der Schule, wenn es um die Jobwahl geht.
★ Oder im Studium, wenn man doch merkt, dass man im falschen Film mitspielt.
★ Oder nach der Elternzeit, wenn man wieder ins Berufsleben zurückwill und nicht so recht weiß, ob der alte Job noch der richtige ist.
★ Oder bei einer Erkrankung, wenn sie mehr als gedacht auf den Kopf stellt, so dass ein neuer Weg gesucht werden muss …
Die drei Fragezeichen
Was mir persönlich in allen bisherigen Veränderungen, Umbrüchen und Weggabelungen geholfen hat, waren die folgenden Fragen.
✿ Was kann ich?
✿ Was will ich?
✿ Wo kann ich das einbringen?
Für sich genommen sehen sie recht simpel aus. Man findet sie auch überall im Netz, wenn man nach „Traumjob finden“ googelt. Also kein geheimer Zauber hier, bei dem ich das Rad neu erfinde. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail. Denn wäre es so simpel, hätten wir ja alle geradewegs die Ziellinie zum Glück angesteuert. Daher kommen hier ein paar Hilfsgedanken zu den Fragen, um an die Infos zu kommen, die wirklich weiterhelfen.
Was kann ich?
Immer, wenn ich diese Frage einem Gegenüber stelle, ist da erstmal Schweigen. Manchmal aus Scham – weil wir es nicht gewohnt sind, über unsere starken Seiten zu sprechen, manchmal aus Ratlosigkeit – weil wir es, naja, eben nicht gewohnt sind, über unsere starken Seiten zu sprechen und dann entsprechend sprach- und oft auch ahunungslos sind. Aber das lässt sich ändern!
Hilfreich kann sein, zwischen den eigenen Kompetenzen (alles, was man sich im Laufe der Zeit angeeignet hat) und dem, was einen mit Leidenschaft und Freude erfüllt, zu unterscheiden: Fertigkeiten, die man gelernt hat und gut beherrscht, zählen eben genauso zum „Können“ wie das, was man mit viel Herzblut tut und womit man möglicherweise auffällt, so dass andere von Talent oder Begabung sprechen, wenn sie einen länger kennen oder erleben. Dann hat man es mit einer wunderbaren Schnittmenge zu tun, die sich aus der Frage ergibt: Welche Sachen, die zu meinem Können zählen, liebe ich auch? In diesen Antworten kommen Leidenschaft und Kompetenz zusammen und bilden das Feld der echten Stärken. Hält mich sich viel in diesem Feld auf, ist die größte Zufriedenheit zu erwarten.
Menschen, die viele Interessen und Begabungen haben, fühlen sich hier mitunter ein bisschen ratlos, weil die Auswahl zu groß scheint und sie Angst haben, sich nicht entscheiden zu können. Und die Menschen, die weniger Interessen und Begabungen haben, weil sie eher die Experten-Typen sind, fühlen sich mitunter auch ein wenig ratlos, weil sie Angst haben, dass sie nicht genug Wahlmöglichkeiten haben. Beides ist ganz normal. Klarheit kann dann die Beschäftigung mit den eigenen Wünschen, Erwartungen und Werten bringen.
Was will ich (wirklich)?
„Gutes Geld verdienen“, ist häufig der erste laute Gedanke, wenn ich in meiner Praxis mein Gegenüber nach den Zielen frage. Und meine erste Reaktion darauf ist ebenso häufig: „Klar. Das wollen wir alle. Trotzdem nützt dir diese Antwort leider nicht viel …“
Denn was oberflächlich betrachtet eine klare Frage mit klarer Antwort ist, ist beim näheren Hinsehen gar nicht mehr klar. Weil Geld kein Ziel an sich ist. Es ist nur ein Transportmittel für etwas, das uns etwas bedeutet. Die Folgefrage lautet also: Wozu Geld verdienen? Was ist das Motiv, um Geld zu verdienen? Wofür möchte ich es haben oder ausgeben? Was ist mir wichtig? Für welche schöne Aufgabe, die etwas bewirkt, möchte ich jeden Morgen aufstehen?
Wenn wir bis zu diesen Fragen nachgebohrt haben, dann geht es nicht mehr (nur) um Konsum, sondern um Sinn. Was möchte ich denn tatsächlich mit der Zeit anfangen, die ich auf diesem Planeten zur Verfügung habe? Was begeistert mich so sehr, dass ich mich dafür einsetzen will? Was ist die Sache, für die ich jeden Tag gerne aufstehe, um sie zu erledigen? Oder auch: Welcher Umstand in der Welt regt mich so auf, dass ich unbedingt was dagegen unternehmen muss?
Es geht um Ziele, Werte, Bedeutung, so etwas wie die persönliche Mission, für die man unterwegs ist. Was von dem, was ich kann (und liebe), passt zu dem, was ich wirklich will? Oft ist es so, dass die Frage nach dem, was uns etwas bedeutet, die Wahloptionen schon deutlich eingrenzt bzw highlightet. Das braucht oft etwas Ruhe und Zeit, um in sich die Antwort zu finden, die für die aktuelle Lebensphase und Weggabelung passt.
Wo kann ich das einbringen?
Und wer dann abschließend überlegt, wo diese Schnittmenge im Arbeitsleben eingebracht werden kann, erhält häufiger hilfreiche Ideen und nächste Schritte für den Weg zum Traumjob oder der passende(re)n Aufgabe, die oft als sehr erfüllend erlebt wird.
Das mag zwar aufwändiger wirken, als wenn man gleich in vorgegebenen Berufs- oder Tätigkeitsfeldern denkt und sucht, ist aber sehr viel lohnender: Denn man hat seinen eigenen Wesenskern genauer untersucht, der für mehr innere Klarheit und Orientierung sorgt – anstatt eher die äußeren Möglichkeiten als Filter und Wegweiser einzusetzen. Und das ist die beste Voraussetzung, um am Traumjob (oder Platz im Leben) auch anzukommen!
Wer sich noch weiter mit den eigenen optimalen Schnittmengen zur Lebenszufriedenheit beschäftigen möchte, findet im japanischen IKIGAI-Modell noch mehr Futter, das z.B. hier von der „Karrierebibel“ genauer beschrieben ist.
Beste Abkürzung zum Traumjob
Da ich persönlich Selbst(er)kenntnis für eine der wichtigsten Informationsquellen fürs gelingende Leben halte und daher grundsätzlich eine Verfechterin der Selbstreflexion bin, weiß ich, dass man damit schon sehr weit kommen kann. Es kann Einsichten hageln und vieles kann sehr viel klarer werden, wenn man sich mit viel Muße und Mut zur Ehrlichkeit selbst hinterfragt, ausfragt und beobachtet. Ich liebe den Erkenntnisgewinn solcher Prozesse.
Aber manchmal kommt man alleine dabei nicht gut voran, weil einem Feedback von außen fehlt, oder einfach nur jemand, der die eigenen Gedanken spiegelt, damit man sich selbst besser versteht. Oder es ist schlicht und einfach zu anstrengend oder langwierig. Manchmal braucht man es präzise und ohne große Umwege. Da kann eine Beratung goldwert sein – sowie das Wissen, wo man sie bekommt.
Daher nur für den Fall, dass es gerade passt: Hier geht es zur professionellen Berufsberatung, die ich anbiete (inklusive der Option, sich 40 Fun-Fragen zu Selbstreflexion gratis herunterzuladen).
Und hier zum Soul-Update – dem Talentprofil ohne Berufsberatung. Denn auch nach der Jobwahl ist es bei Bewerbungen, Auswahlgesprächen, beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt oder in Phasen der Umorientierung immer gut zu wissen, was einen auszeichnet und womit man punkten kann, um am eigenen Platz anzukommen.
Ich wünsch dir von Herzen, dass du dort, wo du gerade gehst und stehst, dich in deinem Element fühlst!